pakt bern - das neue musik netzwerk
Samstag, 12 Nov. 2022 - 19:00 Uhr
PROZESS Bern
WIM Mitglieder: 30.– (zwei Tage)
Festivalpass: 50.–
Tagespass: 30.–
Vor 40 Jahren im kleinen Kreis gegründet, steht die WIM Bern auch heute für alle neuen experimentellen Formen auf dem Gebiet aktueller Musik und Klangkunst. Das Jubiläum wird am 11. und 12. November 2022 im neuen Konzertlokal Prozess an der Bahnstrasse 44 würdig gefeiert. Der Vorstand hat betreffend Programm eine Auswahl getroffen und dabei auch Eingaben aus dem Mitgliederkreis berücksichtigt. An zwei Tagen sind insgesamt zehn Konzerte geplant. Namhafte Künstler:innen aus dem In- und Ausland, Musiker:innen, die die WIM seit den Anfangstagen prägen ebenso wie Vertreter:innen einer jungen Generation frei improvisierenden Musiker:innen, die die WIM in den nächsten Jahrzehnten prägen werden.
Christian Wolfarth
Der Zürcher Perkussionist und Komponist Christian Wolfarth bezeichnet sich selbst als einen «Maximalisten». Die Reduktion seines Sets auf wenige ausgewählte Trommeln und Becken bedeutet für Wolfarth nicht ein Weniger an Klängen und Spielformen im Sinne eines Minimalismus, vielmehr erforscht der Musiker die spieltechnischen und klanglichen Möglichkeiten eines einzelnen Fells und Metalls bis in die letzten Winkel des klingenden Spektrums und lotet somit die Vielfalt eines einzelnen Instruments aus. Dieser reduktionistische Maximalismus lädt zum genauen Hin- und Hineinhören ein und führt die Zuhörenden durch ungemein nuancierte Klanglandschaften. Seine Schlagzeugkarriere begann Christian Wolfarth autodidaktisch als Rock- und Bluesdrummer, ehe er an der Swiss Jazz School bei Billy Brooks und später am Konservatorium Luzern bei Pierre Favre studierte. Zeitgleich absolvierte er ein Kompositionsstudium bei Siegfried Kutterer in Basel. Neben seiner solistischen Tätigkeit als frei improvisierender Musiker arbeitet er in verschiedensten Konstellationen und Ensembles an den Schnittstellen Improvisation, Neuer Musik und Jazz. Seit 2009 dokumentiert er die vielfältigen Ausdrucksweisen zeitgenössischen Schlagzeugspiels auf seinem Label hiddenbell records.
Insub Meta Orchestra
Den musikhistorisch vorbelasteten Klangkörper Orchester, mit seinen traditionellerweise starren Hierarchien und Normen, würde mensch nicht unbedingt mit frei improvisierter Musik in Verbindung bringen. Wie berauschend jedoch Formen kollektiver Improvisation in orchestraler Besetzung sein können, beweist das Insub Meta Orchestra. 2010 vom Genfer Schlagzeuger Cyril Bondi und dem, ebenfalls aus Genf stammenden, elektroakustischen Musiker d’Incise gegründet, besteht das Insub Meta Orchestra heute aus 50 Mitgliedern, wobei jeweils 30 Musiker:innen aus dem In- und Ausland für einzelne Konzerte zusammenkommen. Die Besetzung umfasst klassische Orchesterinstrumente, verschiedenartigste Perkussionsinstrumente, Zither, Hurdy-Gurdy, bespielte Objekte und elektroakustische Instrumente. Über die Jahre hat das Ensemble eine eigene kollektivistische Arbeitsweise und Musizierhaltung jenseits tradierter hierarchischer Strukturen entwickelt. In diesem andauernden künstlerischen Forschungsprozess verwischen die Grenzen zwischen Komposition, Improvisation und Konzeptmusik, zwischen Individuum und Gruppe und zwischen Klang und Stille. Und es entstehen unerhörte Klänge von betörender Schönheit.
Webite vom Insub Meta Orchestra
Sc’ööf
Gleichsam wie der Name dieser Band, der eine vermeintlich bekannte Tierspezies orthographisch entfremdet, stiftet auch der Sound von Sc’ööf herrliche Verwirrung. Kaum hat mensch sich in den hypnotisierenden Schlaufen ihrer repetitiven Grooves eingenistet, schlagen Rhythmik und Sound jäh in eine andere, überraschende Richtung um. Dieser reizvollen Störmanöver treiben die Musik immer wieder ins Ekstatische bis in den Momenten höchster energetischer Verdichtung auch mal das Blöken der aufgescheuchten Herde zu vernehmen ist. Die Musiker von Sc’ööf – die Saxofonisten Elio Amberg und Noah Arnold, der Gitarrist Christian Zemp und der Schlagzeuger Amadeus Fries – lernten sich im Studium an der Jazzhochschule Luzern kennen und schlossen sich 2015 zu Sc’ööf zusammen. Über die Jahre entwickelten sie ihren ureigenen, mit Versatzstücken aus Jazz, Rock, Metal, Punk und Experimentalmusik bestückten Soundkosmos ehe sie 2022 ihr Debutalbum «Weaving Elephants» auf dem Label «Club Dänemark» veröffentlichten. Im selben Jahr wurden Sc’ööf mit dem ZKB Jazzpreis ausgezeichnet.
4Art Quartett
Die Mitglieder des 4ART Quartetts gehören zu einer jungen Generation frei improvisierender Musiker:innen, die sich in der hiesigen Szene und insbesondere auch in der Werkstatt für improvisierte Musik engagieren. Die gebürtige Zuger Pianistin Judith Wegmann absolvierte sowohl die Jazz-Schule wie auch ein klassisches Klavierstudium und hat sich einen Namen als Interpretin moderner und zeitgenössischer Musik gemacht, etwa auch durch Einspielungen von Werken von Morton Feldman, sowie diverser Kompositionen, die für die Pianistin geschaffen wurden. Ihrer Leidenschaft für die Improvisation geht sie mit verschiedenen Ensembles nach und übernahm 2020 das Präsidium der WIM Bern. Zu Judith Wegmanns Weggefährt:innen gehört die belgische Pianistin Marlies Debacker, die sich ebenso als Interpretin zeitgenössischer Musik wie auch als frei improvisierende Musikerin betätigt und an der Hochschule für Musik und Tanz Köln unterrichtet. Zu den beiden Pianistinnen stossen im 4ART Quartett symmetrisch zwei Perkussionisten hinzu. Lukas Briner absolvierte die Jazzschule in Lausanne und Luzern, und lebt heute in Bern und betreut als Vorstandmitglied die offene Werkstatt der WIM. Gemeinsam mit dem Perkussionisten Nicolas Wolf, der 2019 mit dem Musikpreis des Kantons Bern ausgezeichnet wurde, hat Briner eine Reihe von Konzerten in absoluter Dunkelheit gespielt. 2021 veröffentlichte das 4Art Quartett beim renommierten Label HatHut records ihre Einspielung «things in between».
4Art auf Judith Wegmanns Website
eRikm
Der französische Künstler und Komponist eRikm lotet in seinem Schaffen ein enormes Spektrum elektroakustischer Klangproduktion, medialer und performativer Kunst aus. Bereits in jungen Jahren spielte er in verschiedenen Noise-Bands, widmete sich der Street Art und schuf erste Installationen. Ab den 90er-Jahren stieg er zu einem der führenden Künstler im Bereich Soundart und Musique concrète auf und setzte sich intensiv mit den Möglichkeiten und Spielformen des Turntablism auseinander. An den Plattenspielern, die er mit einer tänzerischen Eleganz bespielt, kreiert eRikm flirrende, mitreissende Geräuschflächen und Soundscapes, die zuweilen auch Referenzen an elektronische Tanzmusik aufweisen. Er arbeitet gleichermassen mit improvisierenden Musiker:innen und Kollektiven, mit Konzeptkünstler:innen und Ensembles für Neue Musik zusammen. Neben seiner performativen und kompositorischen Tätigkeit, die auf unzähligen Tonträgern dokumentiert ist, bespielte er zahlreiche Ausstellungsräume und Museen mit Zeichnungen, Fotografien, Plastiken und klingenden Installationen.